Experimente in der Schwerelosigkeit

Forschende der Technischen Hochschule Brandenburg untersuchen mit Hilfe eines Raketenfluges das Verhalten von granularen Gasen.

Drei Menschen stehen nebeneinander vor einem großen zylinderförmigen Gegenstand - Klick öffnet Bildbetrachter

Prof. Dr. Kirsten Harth, Dr. Torsten Trittel und Prof. Dr. Ralf Stannarius (von links) reisten zum schwedischen Raumfahrzentrum Esrange, um den Flug der Forschungsrakete SubOrbital Express-4 mitzuerleben. Das Foto zeigt die Nutzlast der Rakete, JACKS befindet sich im roten Modul. Foto: SSC

Aufnahme des Starts aus der Ferne, ein heller Lichtstrahl erleuchtet die dunkle Umgebung - Klick öffnet Blidbetrachter

Start des SubOrbital Express-4 – mit an Bord war ein Experiment des THB-Projektes JACKS. Foto: Olle Jansson und Stefan Krämer

Um Punkt 6 Uhr morgens ist am Dienstag, 26. November 2024, der SubOrbital Express-4 in den verschneiten Himmel Nordschwedens aufgestiegen und hat dabei eine maximale Höhe von über 250 Kilometern erreicht. Mit an Bord hatte die rund zwölf Meter hohe und gut 2,5 Tonnen schwere Forschungsrakete sechs wissenschaftliche Experimente – darunter auch eines aus dem Projekt JACKS der Technischen Hochschule Brandenburg (THB). Knapp 15 Minuten dauerte der Flug, sechs davon verliefen in Schwerelosigkeit.

Die Projektbeteiligten, Prof. Dr. Kirsten Harth, Prof. Dr. Ralf Stannarius und Dr. Torsten Trittel, waren für den unbemannten Raketenflug ins schwedische Raumfahrtzentrum Esrange gereist, um nach dreijähriger Planung vor Ort die letzten Vorbereitungen durchzuführen. „Die letzten 20 Minuten vor dem Start herrschte große Anspannung und große Stille“, sagt Kirsten Harth, die an der THB Professorin für Angewandte Mathematik ist. Aufgrund von kritischen Wetterbedingungen mit zu starkem Wind war der Start zuvor mehrfach verschoben worden. Letztlich konnte die Rakete starten und die wissenschaftlichen Experimente in Schwerelosigkeit konnten stattfinden.

Im Projekt JACKS, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, von der Europäischen Weltraumorganisation ESA sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird, untersuchen die Forschenden das Verhalten von granularen Gasen. „Diese kann man sich recht leicht vorstellen, indem man die Moleküle der Luft einfach durch feste Körner ersetzt. Diese stoßen selten aneinander, verlieren dabei aber im Gegensatz zu den Luftmolekülen immer Bewegungsenergie. Das führt dazu, dass die Körner im Mittel immer langsamer werden und nach einiger Zeit können sich sogar Klumpen bilden“, erklärt Kirsten Harth.

Granulare Gase findet man zum Beispiel in Form kosmischer Nebel oder protoplanetarer Strukturen in kosmologischen Dimensionen, aber auch in bestimmten industriellen Anwendungen mit stark bewegten Schüttgütern oder Körnern. „Mit unserem Projekt soll das Verständnis solcher granularen Gase erweitert werden. Durch detaillierte Analysen des Stoßverhaltens und kollektiver Prozesse können auch diese besser modelliert werden. Wir können unsere Beobachtungen direkt mit Simulationen vergleichen, die wir in Zusammenarbeit mit Prof. Raul Cruz Hidalgo der Universidad de Navarra in Spanien durchführen, und versuchen damit, die Modelle an die experimentelle Realität anzupassen“, so die THB-Professorin. Solche Modelle können langfristig Vorhersagen industrieller und natürlicher Prozesse verbessern, sodass effizientere Vorhersagen für die Praxis möglich werden. Granulare Materialen sind dabei so alltäglich, dass Verbesserungen ihrer Handhabung und Verarbeitung auch nennenswertes Potential zur Ressourcenschonung aufweisen.  

Für das Experiment im All kam nun ein Modell zum Einsatz, das in enger Abstimmung mit der THB vom Unternehmen Airbus Defence and Space angefertigt wurde. Mit diesem wurden die Partikel zunächst gezielt in Bewegung versetzt und konnten dabei sowie danach beobachtet werden. Im Experiment JACKS werden dabei zentimetergroße 6-armige dreidimensionale Kreuze untersucht (Hexapoden), die nach dem beliebten amerikanischen Spiel „Jacks“ genannt werden. Ziel der experimentellen Untersuchung ist es, zu sehen wie die Partikel miteinander interagieren. Das ist in diesem Fall besonders spannend, da die Arme miteinander etwas verhaken können.

„Der Verlauf des Experimentes war auf den ersten Blick sehr zufriedenstellend und wir konnten jede Menge Daten sammeln“, sagt Ralf Stannarius, der das Projekt einst an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg initiiert hatte. Inzwischen wird ausschließlich an der THB geforscht. In den kommenden Monaten werden nun auch die erfassten Daten ausführlich analysiert und ausgewertet. „Dabei arbeiten wir noch mit unserem langjährigen Kollegen Dr. Dmitry Puzyrev an der Universität Magdeburg zusammen.“

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